Rückblick:
Against clichés and expectations
15.09.2012
Gäste:
GUAN Kejiang, Leiter des Deutschland-Büros der staatlichen chinesischen Zeitung People’s Daily
Felix LEE, China-Korrespondent der taz und Buchautor (“Die Gewinner der Krise – Was der Westen von China lernen kann”)
Zeit:
26.8.2012, Hamburg
Zu Beginn der Veranstaltung “Against clichés and expectations: Working as a foreign correspondent in China and Germany” stellte Guan Kejiang People’s Daily vor, die Zeitung, für die er als Korrespondent in Deutschland arbeitet. Wie andere staatliche Medien in China stehe sie für bestimmte politische Linien, an die man sich bei der Berichterstattung zu halten habe. Manche Themen seien mit Tabus belegt. Bei anderen gebe es eine Erwartungshaltung, wie die Berichterstattung auszufallen habe. Wer für diese Medien arbeite, akzeptiere diese Voraussetzungen.
Diese Besonderheit staatlicher chinesischer Medien lasse sich auch in der Auslandsberichterstattung über Deutschland beobachten. Über die “Wulff-Affäre”, so Guan, sei zum Beispiel nur sehr zurückhaltend berichtet worden. Denn dieser Fall hätte leicht Fragen aufwerfen können, wie es um die Integrität chinesischer Politiker steht – und welche Konsequenzen ein Korruptionsverdacht bei deutschen und bei chinesischen Politikern jeweils hat.
Auf der anderen Seite habe eine chinesische Zeitung einen auffallend großen, lobenden Beitrag über die selbstkritische Geschichtsbetrachtung deutscher Bücher veröffentlicht, sagte Guan. Der Erscheinungstermin des Artikels war ein 15. August. Der japanische Kaiser Hirohito hatte am 15. August 1945 die Kapitulation seines Landes verkündet. Die politische Führung in China wirft Japan vor, seine Kriegsverbrechen aus dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht kritisch aufgearbeitet zu haben.
Felix Lee, der in Beijing für die taz und andere deutschsprachige Medien schreibt, sprach anschließend über die praktischen Aspekte seiner Korrespondententätigkeit. Durch das Internet sei die Arbeit als Korrespondent in den vergangenen Jahren temporeicher und kurzlebiger geworden. Zudem werde von ihm und seinen Kollegen erwartet, von 9 Uhr morgens bis 9 Uhr abends für die Redaktionen in Deutschland verfügbar zu sein. Zeitaufwendige, tiefergehende Recherchen seien unter diesen Umständen schwieriger geworden.
Text: Rebecca Roth